So unterschiedlich die Landschaften und Kulturen sind, so unterschiedlich sind auch die Götter, zu denen die Menschen in AQUILERIA beten.
Die Kulte und Götter in AQUILERIA lassen sich im Wesentlichen auf vier Glaubensrichtungen eingrenzen: Die Ewige Familie, Jagur, der Wissende, Vater und Sohn sowie die Götzen der Barbaren.
Die Ewige Familie
Geboren aus der Verschmelzung unterschiedlichster Glaubenskonstrukte aus allen vier Himmelsrichtungen, ist die Verehrung der Ewigen Familie (mancherorts auch Urfamilie oder Göttliche Familie) mittlerweile die im zentralen AQUILERIA am weitesten verbreitete Religion. Nach der Besiedlung unerschlossener Gebiete und der Entfernung zur zivilisatorischen Sicherheit von Litona suchten viele Menschen Halt und Zuflucht bei emotionaleren und mehr am Alltag orientierteren Göttern, als man sie in Litona kannte. So entstand aus verschiedenen mythologischen Ideen schließlich die Ewige Familie, bestehend aus
- Jarik, dem Zeuger (Vater)
- Audra, der Hirtin (Mutter)
- Kol, dem Ernter (ältester Sohn)
- Joselia, der Schönen (älteste Tochter)
- Jarn, dem Schild und Idira, dem Schwert (Zwillinge)
- Deb, dem Taubstummen (jüngster Sohn)
Die Familienmitglieder
Jarik, der Zeuger
Jarik gilt als strenger Vater, der unerbittlich über seine Familie wacht. Er ist der Aspekt des Respekts und des Gehorsams, des Pflichtbewusstseins und der Aufopferung. Er trägt die Verantwortung für den Fortbestand seines Geschlechts und trifft die elementaren Entscheidungen, wenn das Wohl der Familie in Bedrohung gerät. Dazu gehört sowohl die Abwehr von Feinden außerhalb der Familie als auch die Erziehung und Züchtigung der eigenen Kinder, sollten sie durch törichtes Handeln Gefahr laufen, die Familie ernsthaft zu gefährden.
Audra, die Hirtin
Audra ist die sorgende Mutter, die bestimmt, aber sanft die Familie zusammenhält. Sie ist der Aspekt der Fürsorge und der Güte, der Milde und Harmonie. Ihre Aufgabe ist es, sich um das Wohlbefinden der Familie und ein geordnetes Zusammenleben zu kümmern. Sie schlichtet Zwiste und greift durch, wo Worte nicht mehr wirken. Während Jarik sich nicht mit den Problemen des Alltags belastet, obliegt es seiner Frau, diese in den Griff zu bekommen.
Kol, der Ernter
Kol ist der älteste Sohn der Familie und trägt dafür Sorge, dass die Familie nicht hungern muss. Er ist der Aspekt der Nahrungsbeschaffung in jeder erdenklichen Form; er ist Bauer, Jäger und Fischer, manchmal auch Züchter und Bäcker und Schlächter. Sein Wesen ist ruhig und schlau, wobei sein Wissen eher pragmatischer Natur und auf die rudimentären Taktiken des Überlebens fokussiert ist.
Joselia, die Schöne
Joselia ist die Zweitgeborene der Familie und widmet ihr Leben der Pflicht, der Familie durch eine standesgemäße Heirat Ehre und Ansehen zu bringen. Sie ist der Aspekt der Schönheit und des Genusses, sie verkörpert die Freuden des Lebens.
Jarn, der Schild, und Idira, das Schwert
Die Zwillinge Jarn und Idira verkörpern den stürmischen, ungezügelten, kriegerischen Aspekt. Sie stehen für Tapferkeit und Schulterschluss, für Schutz und Verteidigung. Wild und schwer zu bändigen, mitunter aufbrausend und unvernünftig, wird ihr zeitweiliger Blutdurst der ungestümen Jugend zugeschrieben.
Deb, der Taubstumme
Deb, der Taubstumme, ist der jüngste Sohn der Familie. Trotz seines Alters gilt er als Aspekt des Wissens und der Vernunft, der in seinen Ausdrucksmöglichkeiten jedoch sehr eingeschränkt ist. Von der Familie wird er gehütet und beschützt, jedoch in seiner Veranlagung nur bedingt gefördert und oft auch nicht für voll genommen.
Kritik und Abwandlung
Neuere Glaubensströmungen erweitern die Ewige Familie um weitere Götter, wodurch die Kräfte und Zuständigkeiten diversifizierter unter den Göttern verteilt werden. Konservative Gläubige sehen darin einen Frevel, da die urtümliche Macht der Ewigen Familie beschnitten und untergraben wird.
Eine andere Kritik an der Ewigen Familie richtet sich gegen die stereotypische Konstitution und idealisierte Darstellung der Werte. Dem wird entgegnet, dass es keinem Sterblichen möglich sei, das genaue Wesen der Ewigen Familie zu kennen und man sich nur auf jene Zeichen berufen könne, welche die Ewige Familie von sich aus sende.
Tod und Ewigkeit
Die Menschen in AQUILERIA gehen davon aus, dass man nach dem Ableben von dem Gott, der am meisten Verwendung für einen hat (gemessen an Eigenschaften und Fähigkeiten), in das Ewige Reich aufgenommen wird und dort den Dienst verrichtet, der der Ewigen Familie den größten Nutzen bringt.
Vor der Aufnahme in das Ewige Reich steht man jedoch zwei Göttern gegenüber – dem, dem man sich am meisten verbunden fühlt, und der Hirtin, der die letzte Entscheidung obliegt. Nur, wenn man im Leben genug Argumente gesammelt hat, wird die Hirtin zustimmen, dass man in die Dienste des gewünschten Gottes tritt. Kommt sie zu dem Schluss, dass die Ewige Familie keine Verwendung für den Verstorbenen hat, dann nährt sie mit dessen Körper und seiner Seele das Ewige Reich selbst. Der Tote löst sich auf und geht in die Ewige Welt über.
Um nach dem Tod in die Dienste desjenigen Gottes treten zu können, dem sich die Menschen am stärksten verbunden fühlen, bringen sie schon zu Lebzeiten Opfer an den Schreinen des jeweiligen Gottes dar, versuchen, nach seinen Maximen zu leben, tragen seine Zeichen und benennen ihre Nachkommen nach ihm. In größeren Städten und wohlhabenderen Gegenden finden sich zudem Gotteshäuser, die entweder der gesamten Familie oder einzelnen Göttern gewidmet sind.
Jagur, der Wissende
Im alten Königreich Litona, für viele die Wiege der Welt AQUILERIA, ist man vielerorts davon überzeugt, dass Wissen und Fortschritt die einzigen Heiligtümer sind. Symbolisch dafür steht die Figur Jagur, genannt Der Wissende. Jagur ist ein kleiner Mann mit einem überdimensionierten Kopf, der alles Wissen der Welt in sich trägt.
Seine Verehrung gleicht dabei mehr einem traditionellen Kult als einer inbrünstig gelebten Religion; auch daran misst sich die Wertigkeit der Rationalität, die keinen Raum für mythische Erklärungsversuche lässt. So sucht man auch vergeblich nach echten religiösen Kultstätten; Jagur begegnet man noch am ehesten in Bibliotheken, Foren und Akademien in Form von Statuen, die den alleinigen Zweck erfüllen, den Wissensdurst der Menschheit anzumahnen.
Vater und Sohn
Die vor allem in Massalon und den entfernten Steppen im Osten der Welt AQUILERIA verbreitete Religion heiligt den Vater und den Sohn.
So tritt ein Mann nach seinem Tode vor den Vater und den Sohn und legt Rechenschaft über seine Taten zu Lebzeiten ab. Sofern er sich dessen als würdig erweist, nehmen der Vater und der Sohn den Toten in den ewigen Kreis auf, wo sie gemeinsam auf jenen Tag warten, an dem die große Schlacht stattfinden wird. Nur die geachtesten Männer werden auserwählt, an dieser Schlacht zur Reinigung der Welt teilzunehmen. Alle anderen, die in den Augen von Vater und Sohn als unwürdig verurteilt werden, verschwinden im Nichts und in der Vergessenheit.
Vor dem Vater zählt dabei nur, was man im Leben für sich selbst erreicht hat. Vor dem Sohn hingegen zählt, was man im Leben für die Familie und die Nachkommen erreicht hat.
Frauen spielen in diesem Glauben nur eine untergeordnete Rolle. Es wird als ihre oberste Pflicht verstanden, ihre Männer bei einem ruhm- und ehrenvollen Leben zu unterstützen, auf dass sie das Urteil von Vater und Sohn nicht zu fürchten brauchen. Diese absolute Unterordnung ist der Überzeugung geschuldet, dass es die Frauen sind, die die Welt mit Schwäche verunreinigen. Zu Schwäche zählen dabei auch Mitgefühl und Verführung. Das Monatsblut steht dabei als eine Form der Strafe, mit der die Frauen schon zu Lebzeiten für ihr Vergehen und ihre Schwäche büßen.
Die Götzen der Barbaren
Über den Glauben der wilden Menschen im Westen der Welt AQUILERIA ist nicht viel bekannt. Die Menschen in den zivilisierteren Königreichen interpretieren das wenige Wissen zudem oft genug falsch.
Ein Glaubenskonstrukt, das sich in konkreten Charakteren und Praktiken manifestiert, ist kaum herauszustellen. Die Vielfalt mythologischer Akteure und Riten ist so groß wie die Anzahl der großen und kleinen Stämme, welche die Wildnis besiedeln. Ihnen allen gemein ist jedoch, dass die Götter weniger mit dem Alltag in Verbindung gebracht werden, sondern vor allem mit jenen Dingen, die nicht in der Hand der Menschen liegen. Auf Grund der Nähe zur Natur finden sich oft übertrieben grausame Darstellungen von Wildungeheuern als Symbol für die mystischen Kräfte, denen sich die Menschen schutzlos ausgeliefert sehen. Für Fremde wirken diese Darstellungen nicht selten wie blutrünstige Bestien, die von Wilden in brutalen Zeremonien angebetet werden.
Bei näherer Betrachtung stellt sich dabei jedoch heraus, dass die Spiritualität der Wilden oft von einem grundlegenden Verständnis von Gleichgewicht geprägt ist. Auch das ist ein Grund, warum sich keine zentrale Gottheit durchsetzen kann. Im Verständnis der Wilden kann keine Stärke ohne eine ebenso mächtige Schwäche existieren, womit ein jeder Gott, der das Potential zu einer alleinigen Herrschaft hätte, im gleichen Maße an dieser Aufgabe scheitern würde.